Im Mai 2020 beschloss ich aus den Schuhen zu steigen, zuerst in selbstgemachte Huaraches und dann ganz auf die blanken Sohlen. Jetzt gehen sie schon im sechsten Jahr mit mir über Stock und Stein...
Überwindung
Im ersten Herbst wollte ich vor Nässe und Kälte zurück in Turnschuhe flüchten, aus denen ich nach 10 Metern wieder ausstieg, denn die Füße taten darin weh, die Zehen waren eingezwängt und das Fußklima war synthetisch schwitzig.
Der erste Herbst war ganz schön heftig. Vor allem die Überbrückung bis zu dem Punkt an dem die Fußdurchblutung die Kälte abfängt. Das dauerte immer ca. 20 Minuten. Ab 5°C bei Nässe nur mit konstanter Trabbewegung machbar und trotzdem wollte ich mich anfangs oft einfach nur hinsetzen und jammern.
Schon im zweiten Frühjahr war die Fußsohle sehr gut ausgebildet.
Häufig fragten Leute nach der zu vielen Hornhaut (und tun das bis heute). Es bilden sich ja aber keine Unmengen und auch nicht an stöhrenden Stellen wie im unpassenden Schuh. Vielmehr bildet sich genau die benötigte Menge, die durch das Laufen selbst auch beständig erneuert und reguliert wird.
Fußmuskulatur und Rückformung
Kleiner Einschub: Eine Freundin berichtete aus ihrem Uganda-Urlaub bei Freunden (nicht im Hotel), sie habe dort nebenher schmerzende Füße vom vielen Wandern erwähnt und jeder Mensch dort sagte ihr schlicht "Das kommt von den Schuhen, geh einfach barfuß".
Auch ich hatte wie sehr viele Menschen die Fußbettschuhe tragen Spreiz-Senkfüße, denn das Fußbett nimmt es den Füßen ab, sich selbst in die geeignete Haltung zu befleißigen.
In den Fünf Jahren die ich mittlerweile ohne Schuhe unterwegs bin, ist zu beobachten und auch auf Fotos deutlich zu erkennen, wie sich die Füße in die natürlich Form zurückentwickelt haben.
Rückenschmerzen von sitzenden Tätigkeiten, die etwa die Hälfte meiner Arbeit ausmachen sind ebenfalls Geschichte.
Die Nässehürde
Ein konstantes Problem blieben bis letzten Herbst die quasi badenwannenhaft durchgeweichten Zehen und die Feuchtigkeit, die auch dem gründlichsten Abtrocknen der Füße zwischen den Zehen nicht richtig trocknete. Was dazu führte, dass die Haut dort tief und schmerzhaft einriss. Immer dann musste ich für rund eine Woche wieder in Schuhe steigen.
Erst in diesem Herbst habe ich etwas ausprobiert, dass ich schon länger im Hinterkopf hatte: Fett!
Die Zehen mit Lederfett/Lanolin einreiben, das ich schon Ewikeiten auch für die Hände o. gelegentlich trockene Haut nutze. Und siehe da - nichts reißt mehr ein! Endlich gehts auch bei Dauernässe ohne Schuhe, juhu! Bei Dauerregen fette ich die Zehenzwischenräume schon vorm losgehen, funktioniert.
Noch Schuhe?
Brauche ich dann überhaupt noch Schuhe? Ja, es gibt Gelegenheiten, bei denen eine hauchdünne Sohle schlicht sinnvoll ist.
Ein Paar Barfußsandalen für extrem schotterige Wege oder Ausflüge in distelige Wiesen habe ich weiterhin im Einsatz. In Innenstädten oder auf Festlichkeiten liegt recht oft einiges an Glas auf dem Boden, die Brombeer- und Nesselernte laden dazu ein, mal gaaanz kurz in Sandalen zu schluppen.
Im Winter sind gesalzene Gehwege oder ein Weihnachtsmarktbesuch ebenfalls Anlässe für Minimalschuwerk, dafür hats ein Paar knöchelhohe Barfußschuhe (allerdings kein Wintermodell in dem Sinne).